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Urteil Personalrekursgericht (AG)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2010 83: -

Eine Lehrperson an der Volksschule hat gegen die Einwohnergemeinde S. geklagt, da ihr Anstellungsvertrag zu Unrecht befristet wurde. Das Personalrekursgericht entschied, dass die Befristung nicht gerechtfertigt war und die Klägerin nicht schlechter gestellt werden darf. Die Beklagte konnte nicht plausibel darlegen, warum der Vertrag befristet wurde. Die Klägerin hatte ein Recht auf eine unbefristete Anstellung und hat nicht freiwillig auf dieses Recht verzichtet. Der Richter entschied zugunsten der Klägerin und verurteilte die Einwohnergemeinde S. zur Zahlung der Gerichtskosten in Höhe von 83 CHF.

Urteilsdetails des Kantongerichts AGVE 2010 83

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2010 83
Instanz:-
Abteilung:Personalrekursgericht
- Entscheid AGVE 2010 83 vom 07.12.2010 (AG)
Datum:07.12.2010
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2010 Personalrekursgericht 406 [...] 83 Lehrperson an der Volksschule. Das Anstellungsverhältnis mit Lehrpersonen...
Schlagwörter : Anstellung; Befristung; Anstellungsverhältnis; Anstellungsvertrag; Lehrperson; Vertrag; Anstel-; Person; Personalrekursgericht; Lehrpersonen; Interesse; Beklagten; Anstellungsvertrages; Regel; Fällen; AuflösungAnstellungsverhältnis; Vertrags; Verlängerung; Vielmehr; Abschluss; Anspruch
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts AGVE 2010 83

2010 Personalrekursgericht 406

[...]

83 Lehrperson an der Volksschule. - Das Anstellungsverhältnis mit Lehrpersonen ist in der Regel unbe- fristet; eine Befristung ist nur in begründeten Fällen zulässig. Im vorliegenden Fall lässt sich eine Befristung nicht rechtfertigen, zumal
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sie nicht im Interesse der Klägerin lag und von ihr auch nicht freiwillig eingegangen wurde (Erw. II/1 und 2). - Da der Anstellungsvertrag zu Unrecht befristet wurde, darf die Klägerin nicht schlechter gestellt werden, als wenn ihr Vertrag unbe- fristet abgeschlossen worden wäre (Erw. II/4).
Aus dem Entscheid des Personalrekursgerichts vom 7. Dezember 2010 in Sachen S. gegen Einwohnergemeinde S. (2-KL.2010.1).

Aus den Erwägungen
II.
1.
1.1.
Im vorliegenden Fall ist vorweg zu klären, ob die Beklagte von
sich aus befugt war, die Klägerin bloss befristet anzustellen, ob
sie verpflichtet gewesen wäre, mit der Klägerin einen unbefristeten
Anstellungsvertrag abzuschliessen.
1.2
Das Anstellungsverhältnis der Lehrpersonen wird auf unbefris-
tete befristete Dauer begründet (vgl. § 3 Abs. 1 GAL). Bei der
Wahl zwischen unbefristetem und befristetem Vertrag ist die Anstel-
lungsbehörde nicht völlig frei. So sieht etwa § 3 Abs. 2 GAL vor,
dass auf Verlangen der Lehrperson ein befristetes Anstellungsverhält-
nis in ein unbefristetes umzuwandeln ist, sofern es während fünf
Jahren ohne Unterbruch bestand und weitergeführt würde. § 12
VALL sieht zudem vor, dass das Anstellungsverhältnis in der Regel
unbefristet ist (Abs. 1); die Befristung eines Vertrags und dessen
Verlängerung sind nur in begründeten Fällen zulässig, namentlich bei
Stellvertretungen, bei der Anstellung von Lehrpersonen, die nicht
über die erforderliche Qualifikation für die entsprechende Lehrtätig-
keit verfügen, sowie in Fällen, wo erwartet werden muss, dass die
betreffende Stelle in der betreffenden Schule mit hoher Wahrschein-
lichkeit nicht über das Schuljahr hinaus gesichert ist (Abs. 2). Indem
der Gesetzgeber in § 4 Abs. 1 GAL ausdrücklich vorgesehen hat,
2010 Personalrekursgericht 408

dass der Regierungsrat nicht nur vollziehende, sondern auch ergän-
zende Vorschriften über die inhaltliche Ausgestaltung der Verträge
erlassen kann, besteht bezüglich der in § 12 VALL vorgesehenen
Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit der Vertragsparteien eine
hinreichende gesetzliche Delegation an den Verordnungsgeber
(vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Ver-
waltungsrecht, 6. Auflage, Zürich/St. Gallen 2010, Rz. 407).
1.3.
Die Klägerin verfügt über die erforderliche fachliche Qualifika-
tion als Lehrperson für Textiles Werken. Bei der durch die Beklagte
ausgeschriebenen Stelle handelte es sich zudem offensichtlich nicht
um eine blosse Stellvertretung. Schliesslich sind auch die Vorausset-
zungen für die dritte, in § 12 Abs. 2 VALL ausdrücklich aufgezählte
Ausnahme von der Pflicht zur unbefristeten Anstellung von Lehr-
personen nicht gegeben. Die Befristung der Stelle der Klägerin hing
gemäss eigenen Angaben der Schulpflege nicht mit konkreten Be-
fürchtungen zusammen, dass die betreffende Stelle im nächsten
Schuljahr nicht gesichert sein könnte. Vielmehr erklärte die Schul-
leiterin auf Rückfrage der Klägerin betreffend die Befristung, es
werde allgemein so gehandhabt, dass im ersten Jahr befristete Ver-
träge ausgestellt würden.
1.4.
Da die Aufzählung von § 12 Abs. 2 VALL nicht abschliessend
ist, muss im Folgenden geprüft werden, ob die Befristung des Anstel-
lungsvertrages der Klägerin allenfalls aus anderen Gründen
gerechtfertigt war.
1.5.
Die Vertreter der Beklagten begründeten die Befristung des Ver-
trages anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 6. Juli 2009 da-
mit, dass bei Jungund bei Fachlehrpersonen im ersten Jahr generell
nur befristete Verträge abgeschlossen würden. Im ersteren Fall, um
eine einjährige Probezeit zu erreichen, im letzteren Fall, weil die
Pensensituation immer unsicher sei.
1.6.
Beim erstgenannten Zweck der Verlängerung der Probezeit über
die maximal zulässige Dauer von drei auf zwölf Monate hinaus
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(vgl. § 11 Abs. 1 und 2 VALL) handelt es sich um eine offensichtlich
unzulässige Gesetzesumgehung, welche die Befristung eines Anstel-
lungsvertrages nicht zu rechtfertigen vermag.
Ferner mag es zwar zutreffen, dass die Schulpflege der Beklag-
ten bei den Fachlehrpersonen für Textiles Werken regelmässig mehr
als in anderen Bereichen mit stark schwankenden Unterrichtsver-
pflichtungen konfrontiert ist. Um über die für die Bewältigung sol-
cher Probleme notwendige Flexibilität zu verfügen, wurde in § 13
Abs. 1 VALL vorgesehen, dass die Anstellungsbehörde Rahmenver-
träge mit einem definierten minimalen und maximalen Beschäfti-
gungsgrad abschliessen kann. Der Unterschied zwischen dem mini-
malen und dem maximalen Beschäftigungsgrad darf dabei nicht
mehr als acht Unterrichtslektionen betragen (vgl. § 13 Abs. 2 VALL).
Die bis anhin durch die Beklagte offenbar gelebte Praxis, Anstel-
lungsverträge von Lehrpersonen im ersten Jahr "allgemein" bzw.
"gelegentlich" zu befristen, steht somit auch in Widerspruch zur
erwähnten gesetzlichen Regelung, sofern die befristete Anstellung -
wie im vorliegenden Fall für ein Pensum von mehr als acht Wo-
chenlektionen erfolgt.
1.7.
Weitere Gründe, welche die Befristung des Anstellungsvertra-
ges der Klägerin rechtfertigen könnten, werden von der Beklagten
nicht geltend gemacht und sind aus den Akten auch nicht ersichtlich.
2.
2.1
Die in § 12 VALL vorgesehene Beschränkung der Möglichkeit
zum Abschluss befristeter Anstellungsverträge dient ebenso wie § 3
Abs. 2 GAL - dem Schutz der Arbeitnehmenden. Mit diesen Bestim-
mungen soll vermieden werden, dass Arbeitnehmende über ihre
berufliche Zukunft im Ungewissen gehalten werden (vgl. Botschaft
des Regierungsrates über das Gesetz über die Anstellung von Lehr-
personen vom 24. Mai 2000, S. 15). Daraus ergibt sich, dass Arbeit-
nehmende nur dann rechtsgültig auf den entsprechenden Schutz ver-
zichten können, wenn zu ihren Gunsten von der gesetzlichen Rege-
lung abgewichen wird ihr Verzicht zumindest auf einem frei-
willigen Entschluss beruht. An der letztgenannten Voraussetzung
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fehlt es namentlich dann, wenn der privaten Partei zwar bewusst ist,
dass sie eine Mehrleistung versprechen (bzw. eine Minderleistung in
Kauf nehmen) muss, ihr aber aufgrund der Umstände nichts anderes
übrig bleibt, als in das Rechtsverhältnis mit der Behörde dennoch
einzuwilligen (vgl. Isabelle Häner, Die Einwilligung der betroffenen
Person als Surrogat der gesetzlichen Grundlage bei individuell-kon-
kreten Staatshandlungen, in: ZBl 2002, S. 68).
2.2.
Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass der Abschluss eines be-
fristeten Anstellungsvertrages im Interesse der Klägerin gelegen ha-
ben könnte wenigstens freiwillig erfolgt wäre. Vielmehr spre-
chen verschiedene Indizien klar für das Gegenteil: Die Stelle der
Klägerin war im Schulblatt Aargau/Solothurn als unbefristet ausge-
schrieben. Bereits aus dem Umstand, dass sich die Klägerin auf eine
unbefristete und nicht auf eine befristete Stelle bewarb, kann ge-
schlossen werden, dass sie am Abschluss eines unbefristeten Anstel-
lungsvertrages interessiert war. Aus den Akten geht zudem hervor,
dass sich die Klägerin irritiert zeigte, als sie bei der Durchsicht des
Anstellungsvertrages bemerkt hatte, dass dieser auf ein Jahr befristet
war. Sie erkundigte sich denn auch umgehend bei der Schulleitung
nach dem Grund für die Befristung. Die Klägerin gab sich in der
Folge zwar mit der Erklärung zufrieden, wonach dies im ersten An-
stellungsjahr allgemein so gehandhabt werde, und unterzeichnete den
Anstellungsvertrag vorbehaltlos. Daraus kann jedoch nicht gefolgert
werden, der Verzicht auf eine unbefristete Anstellung habe in ihrem
eigenen Interesse gelegen sei zumindest freiwillig erfolgt. Die
Auskunft der Schulleitung, dass sie Anstellungsverhältnisse im ersten
Jahr generell befristet abschliessen, obwohl sie wüssten, dass die
"gewerkschaftliche Empfehlung" eine andere sei, zeigt vielmehr
deutlich, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung
letztlich vor der Wahl stand, die Stelle mit der vorgesehenen Be-
fristung anzutreten aber sich nach einer anderen Stelle umzu-
sehen.
2.3.
Nach dem Gesagten ist somit davon auszugehen, dass die Be-
fristung des Anstellungsvertrages einzig im Interesse der Beklagten
2010 AuflösungAnstellungsverhältnis 411

lag und die Klägerin nicht aus freien Stücken in die Befristung ein-
willigte. Entsprechend hat die Klägerin durch die Unterzeichnung
des Anstellungsvertrages nicht gültig auf ihr Recht verzichtet, unbe-
fristet angestellt zu werden.
4.
4.1.
Im Sinne eines Zwischenergebnisses ist an dieser Stelle festzu-
halten, dass die Beklagte gemäss § 12 VALL grundsätzlich verpflich-
tet gewesen wäre, die Klägerin unbefristet anzustellen. Auf diesen
Anspruch hat die Klägerin nicht rechtsgültig verzichtet. Aus diesem
Grund kann sie sich im heutigen Zeitpunkt darauf berufen, nicht
schlechter gestellt zu werden, als wenn ihr Vertrag unbefristet abge-
schlossen worden wäre.
4.2.
Letzteres ist nur dann gewährleistet, wenn analog zum beding-
ten Anspruch auf Wiederwahl von Beamten (vgl. PRGE vom
10. April 2006, 2-BE.2005.50010, Erw. II/1.1) ein grundsätzlicher
Anspruch der Klägerin auf Verlängerung ihres Anstellungsverhältnis-
ses über den 31. Juli 2009 hinaus bejaht wird.
Wäre der Anstellungsvertrag der Klägerin unbefristet abge-
schlossen worden, hätte das Anstellungsverhältnis nicht mit Ablauf
der vereinbarten Anstellungsdauer geendet (vgl. § 10 Abs. 2 lit. b
GAL). Vielmehr hätte dieses nur beim Vorliegen sachlicher Kündi-
gungsgründe aufgelöst werden können (vgl. § 11 GAL).
Nachfolgend ist daher zu prüfen, ob solche sachlichen Kündi-
gungsgründe bestanden, die es der Beklagten erlaubt hätten, das An-
stellungsverhältnis mit der Klägerin am 31. Juli 2009 enden zu las-
sen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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